November 26, 2021

Digitalisierung der Gebäudeversicherung

Im Interview mit Dr. Sami Charaf Eddine von claimflow

Interview

Prozessautomatisierung

Schadenmanagement

Digitalisierung

Dr. Sami Charaf Eddine (claimflow)
Abbildung: Dr. Sami Charaf Eddine (claimflow)

Im Interview mit Dr. Sami Charaf Eddine, Geschäftsführer von claimflow, spricht er darüber, wie mit der Digitalisierung der Gebäudeversicherung eine Dienstleistung wird, die nachhaltige Mehrwerte für die Wohnungswirtschaft schafft. Außerdem beschreibt er die Automatisierung von Prozessen, die dadurch gesteigerte Effizienz im Schadenmanagement und die dadurch gewonnene Kapazität für persönliche Betreuung im direkten Kundenkontakt.  

Du hast 2018 gemeinsam mit deinem Partner claimflow gegründet. Wie ist eure Idee entstanden und was ist besonders an eurem Geschäftsmodell?

In der Zeit vor unserer Gründung habe ich an der RWTH Aachen in der mobilen Robotik promoviert und war einfach nur begeistert von den modernen Technologien und KI-Algorithmen, die hier allgegenwärtig waren. Doch nicht nur das: Alles ging so unfassbar schnell und einfach. Mit unserem Team haben wir im Wochentakt neue Roboter programmiert und ihnen beigebracht autonom ihre Umgebung zu erkunden und automatisiert fast beliebige Aufgaben auszuführen. Schnell war mir klar: Mit dem Technologie-Stack aus der Robotik, da geht was, da können wir auch in anderen Branchen die Welt verändern! Mein Gründungspartner Sebastian war zu dieser Zeit bereits in der Versicherungsindustrie tätig und ächzte hier täglich unter manuellen, komplizierten und langsamen Prozessen – und das obwohl die Prozesse in der Versicherung doch theoretisch zu 100% digitalisierbar sind. Schnell war uns klar: Lass uns die Technologie aus der Robotik nutzen, um die Prozesse in der Versicherungswelt ins digitale Zeitalter zu bringen. Heute wickeln wir mit claimflow und unserem KI-basierten Hyperautomation-Kernel das gesamte Schadenmanagement großer wohnungswirtschaftlicher Portfolios mit mehreren Tausend Wohneinheiten nahezu vollautomatisiert ab.

“In unserer digitalen Welt von heute definieren wir den Standard der Gebäudeversicherung im Hinblick auf Kundenerlebnis, Prozessqualität und Schadenaufwand neu. Dabei ist unser oberstes Ziel eine Win-Win-Win-Situation für Wohnungswirtschaft, Versicherungsmakler und Versicherer.”

— Dr. Sami Charaf Eddine

Das Besondere an unserem Geschäftsmodell ist, dass wir einen kooperativen Ansatz verfolgen, der massive Mehrwerte für alle involvierten Parteien schafft. In unserer Rolle als High-Tech-Assekuradeur verstehen wir uns als Technologiegeber und befähigen so die Digitalisierung der Gebäudeversicherung. Wir vernetzen alle Beteiligten und orchestrieren sämtliche Prozesse der Schadenabwicklung über eine zentrale Plattform und reduzieren so die Gesamtkomplexität im Prozess. In unserer digitalen Welt von heute definieren wir den Standard der Gebäudeversicherung im Hinblick auf Kundenerlebnis, Prozessqualität und Schadenaufwand neu. Dabei ist unser oberstes Ziel eine Win-Win-Win-Situation für Wohnungswirtschaft, Versicherungsmakler und Versicherer.  

Die Wohnungswirtschaft erhält eine genial einfache, schnelle und in das technische Gebäudemanagement via ERP-System integrierte Abwicklung von Versicherungsschäden. Maklern bieten wir eine enorme Prozesserleichterung und dadurch signifikant mehr Zeit für die persönliche Betreuung ihrer Kunden. Versicherer erhalten eine einheitliche One-Stop Prozessplattform für Innen- und Außenregulierung, 100%-Prüfungen sämtlicher Belege und eine nie dagewesene Daten- und Analysetiefe auf Objektebene. Der Dokumenteneingang über beliebige Schnittstellen ohne Medienbrüche, die Klassifikation und Zuordnung von Dokumenten sowie die vollautomatisierte Extraktion aller Belegdaten und die Umwandlung in strukturierte Daten sind neben unseren Insurelytics weitere Mehrwerte von claimflow, die wir über unsere End-2-End-Insurance-Plattform generieren.

Warum war es aus deiner Sicht an der Zeit, die Wohngebäudeversicherung zu revolutionieren?

Weil die Wohngebäudeversicherung kaputt ist. Seit Jahren ist sie für viele Versicherer ein dickes Minusgeschäft und oftmals von defizitärem Wachstum geprägt. Das liegt sowohl an den immer höheren Schadenaufwendungen als auch an den komplexen und damit teuren Prozessen im Schadenmanagement an sich. Die Gründe für Letzteres wiederum sind vielschichtig: Viele beteiligte Parteien an den Prozessen, kaum Prozess- und Kostenstandards (wie beispielsweise in der Krankenversicherung) sowie viele Schnittstellenverluste und Medienbrüche entlang der ganzen Kette an involvierten Personen und IT-Systemen.  

Das alles führt im Ergebnis zu redundanten Doppelarbeiten, langen Durchlaufzeiten und unzureichender Transparenz. Erschwerend kommt hinzu, dass die Schere zwischen dem was aus rein technologischer Sicht heute problemlos möglich wäre (z.B. Schadenmeldung/-prävention via IoT-Sensorik) und dem was die gelebte operative Praxis in der Breite ist (z.B. Schadenmeldung via E-Mail) immer weiter auseinander geht. Wir haben uns das angeschaut und gesehen, es ist Zeit zu handeln: Bevor wir uns weiter in Luftschlössern verlieren, müssen wir die Prozesswelt erstmal auf ein sauberes, digitales Fundament setzen. Wir müssen einfache, schnelle, digitale Schadenprozesse ans Laufen kriegen, die uns gerade bei komplexen Sanierungen in Bestandsbauten die Arbeit erleichtern. Wenn die Gebäudeversicherung auch morgen noch tragbar und wirtschaftlich darstellbar sein soll, müssen wir die Weichen dafür schon heute stellen – mit einheitlichen Datenstandards sowohl in Richtung Versicherungswirtschaft als auch in Richtung Wohnungs- und Immobilienwirtschaft.  

Schließlich sind wir seit jeher der Überzeugung, dass die Gebäudeversicherung so viel mehr kann als ihr Ruf. Gerade für unsere Kunden aus der Wohnungswirtschaft ist das ein echter Gamechanger: Für sie ist die Gebäudeversicherung nicht mehr nur ein Randthema, das mitläuft, sondern auf einmal eine Technologiegeberin, die für viele andere Geschäftsprozesse wie z.B. die unternehmensweite Rechnungsprüfung genutzt werden kann. Das ist einfach völlig neu und macht aus dem Thema Gebäudeversicherung eine Dienstleistung, die nachhaltige Mehrwerte für die Wohnungswirtschaft generiert.  

Wie sieht für dich das Schadenmanagement der Zukunft aus? Werden alle Prozesse automatisiert ablaufen oder können Kunden weiterhin auf persönliche Betreuung setzen?

Einfach, schnell und transparent. Alle Prozesse, die uns die Technologie abnehmen kann, wird die Technologie übernehmen. Die verschiedenen Beteiligten werden über offene, bidirektionale Schnittstellen miteinander kommunizieren, Daten in standardisierten Formaten austauschen und alle involvierten Parteien werden die entsprechenden Informationen in Echtzeit einsehen können.  

Wichtig: Das ist kein Garaus für die persönliche Betreuung. Im Gegenteil: Gerade bei existenziellen Schadenfällen wie sie ja im Bereich Gebäudeversicherung häufig vorkommen, ist der persönliche, menschliche Kontakt unabdingbar und essenzieller Bestandteil eines Schadenmanagements, das den Kunden in den Mittelpunkt stellt. claimflow zielt darauf ab, die persönliche Betreuung durch höchste Transparenz und Prozessqualität weiter in den Vordergrund zu rücken und mehr Zeit für den persönlichen Kundenkontakt zu ermöglichen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Hier gelangst du zu weiteren Blogbeiträgen: