November 4, 2022

Ermittlung von Zahlungsbereitschaften

Zwei Methoden im Vergleich

Marktforschung

Kundenbefragung

Produktentwicklung

Bis zum erfolgreichen Markteintritt eines neuen Produktes ist es ein weiter Weg. Ist das Produktkonzept entwickelt, das Prototyping abgeschlossen und die Zielgruppe identifiziert, braucht es noch eine sinnvolle Preissetzung.

Neben der Kostenstruktur des Unternehmens und der Marktsituation ist hierfür auch die Zahlungsbereitschaft der Kund:innen zu beachten. Welchen Preis kann ich für mein Produkt ansetzen, ohne große Teile der Kundschaft zu verlieren? Wie kann ich den Preis für verschiedene Zielgruppen differenzieren? Zu welchem Preis ist die größte Marktdurchdringung zu erwarten?

Wie in sehr vielen weiteren Schritten der Produktentwicklung macht es insbesondere beim Preis Sinn, frühzeitig die (potenziellen) Kunden in die Planungen einzubeziehen. Ihr Denken und Handeln entscheidet letztendlich über den Markterfolg.

Es gibt etablierte und wissenschaftlich fundierte Methoden, um die Zahlungsbereitschaft valide zu ermitteln und auch weitere Informationen zum potenziellen Absatz oder sogar der optimalen Produktzusammensetzung zu sammeln. Zwei dieser Methoden werden im Folgenden vorgestellt.

Conjoint-Verfahren

Wie sollte der Preis eines Produktes angesetzt werden? Wie erfolgreich wäre unser neu konzipiertes Produkt am Markt? Wie sollte das Produkt optimalerweise gestaltet sein und welchen Einfluss haben einzelne Produktattribute auf die Kaufentscheidung?

Diese Fragestellungen können mittels der Conjoint-Analyse beantwortet werden. Im Rahmen einer solchen Befragung werden den Teilnehmern zwei oder mehr konkrete Produkte präsentiert. Sie entscheiden sich für eines der Produkte, können aber auch keines auswählen. Insgesamt werden jeder Person 10 bis 15 solcher Auswahlscreens präsentiert.

Daraus werden dann Nutzenbeiträge der einzelnen Eigenschaftsausprägungen ermittelt. Großer Vorteil der Methode ist die Realitätsnähe in der Befragung. Wie in der Realität werden Menschen mit mehreren Produkten als Ganzes konfrontiert, die reale Kaufsituation wird damit nachempfunden.

Die Conjoint-Analyse ermittelt so nicht nur die Zahlungsbereitschaft für ein geplantes Produkt. Durch die Gegenüberstellung verschiedener Produkteigenschaften kann auch ermittelt werden, welche Bedeutung beispielsweise eine tägliche Kündigungsoption für die Zahlungsbereitschaft hat. Wären Kunden bereit, für eine flexiblere Kündigung einen höheren Beitrag zu zahlen?

Im Anschluss an die Berechnungen können auch verschiedene Kombinationen von Produkteigenschaften ausgewählt werden. Für die jeweilige Konstellation wird berechnet, bei welchem Preis der maximale Umsatz beziehungsweise Gewinn zu erwarten ist.

Besonders geeignet ist das Verfahren, um den Erfolg von Neuprodukteinführungen abzuschätzen. Ausgehend von den Bedürfnissen der Zielgruppe können Implikationen für die optimale Gestaltung eines Produktes abgeleitet werden.

Van-Westendorp-Methode

Eine weitere, weniger komplexe Variante zur Messung von Zahlungsbereitschaft ist die Van Westendorp-Methode. Die Methode ist besonders für neue, innovative und noch unbekannte Produkte geeignet. Hierbei wird die Zahlungsbereitschaft offen abgefragt. Das bedeutet, dass kein Preis zur Auswahl vorgegeben wird. So erfolgt keine Beeinflussung der Befragten durch einen vorgegebenen Preisrahmen.


Zu einem feststehenden Produktkonzept werden vier offene Fragen gestellt:

  • Welcher Preis erscheint angemessen, aber noch günstig?
  • Welcher Preis erscheint relativ hoch, aber noch vertretbar?
  • Welcher Preis wäre zu hoch, so dass das Produkt nicht mehr in Frage käme?
  • Welcher Preis wäre so niedrig, dass Sie Zweifel an der Qualität (Seriosität) hätten?


Zur Auswertung der Angaben werden Preiskurven berechnet. Daraus ergeben sich dann relevante Preispunkte. Das Produkt wird bei dieser Methode als Ganzes analysiert. Einzelne Produkteigenschaften lassen sich nicht getrennt betrachten.

Beide Methoden im Vergleich: Vor- und Nachteile

Die Conjoint-Analyse und die Van-Westendorp-Methode sind beides Wege, um die Kunden in die Produktentwicklung mit einzubeziehen und zwar dann, wenn es darum geht, zu ermitteln, welcher Preis für das neue Produkt sinnvoll ist. Doch auch wenn sie auf das gleiche Ergebnis abzielen, so sind sie doch jeweils mit Vor- und Nachteilen verbunden:

Vergleich Conjoint-Analyse mit Van-Westendorp-Methode
Abbildung: Vergleich Conjoint-Analyse mit Van-Westendorp-Methode

Fazit

Die Ermittlung des optimalen Preises für ein Produkt muss kein Rätselraten sein und auch hohe Verluste durch Versuch und Irrtum bei der Preissetzung sind vermeidbar.

Wer seine Kunden frühzeitig in die Produktentwicklung einbezieht, dem stehen verschiedene wissenschaftlich fundierte Methoden zur Verfügung, um die Zahlungsbereitschaft zuverlässig zu erfassen.

Je nach Methode können dabei auch weitere wertvolle Informationen gesammelt werden, wie die optimale Produktzusammensetzung. Damit die Ergebnisse zuverlässig sind und richtig interpretiert werden, braucht es Experten mit entsprechender Fachkenntnis und Softwareunterstützung.

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