May 28, 2021

New Work langfristig etablieren

Im Interview mit Sven Pacholke von der SIGNAL IDUNA Gruppe

Interview

New Work

Transformation

New Work – alle wollen neu arbeiten, aber wie? In unserem Interview mit Sven Pacholke, Teil der Transformationseinheit der SIGNAL IDUNA, sprechen wir darüber, wie es gelingt, New Work langfristig zu etablieren und welche Rolle agiles Arbeiten für ihn dabei spielt. Aus seiner eigenen Berufspraxis erklärt er, wie die Assekuranz von neuen Arbeitsweisen profitieren kann.

SVEN, in drei Stichworten: Was bedeutet New Work für dich?

New Work steht für mich vor allen Dingen für Mut, Sinnstiftung und für Eigenverantwortung. Mut dazu, Neues für sich oder auch als Organisation auszuprobieren. Sinnstiftung, weil es ein ganz wesentliches Element der zukünftigen Arbeit sein wird; ein Element, dass Mitarbeiter verstärkt in ihrer Arbeit wiederfinden wollen. Und in diesem Zusammenhang finde ich das Thema Eigenverantwortung ebenfalls äußerst wichtig, da eigenverantwortliches und autonomes Arbeiten ein grundsätzlicher Bestandteil zukünftigen Arbeitens sein wird. Das ist der Brückenschlag zur Agilität, denn Eigenverantwortung ist ein wesentlicher Wert im agilen Kontext, den wir im Unternehmen fest verankern wollen.

Wann hat die SIGNAL IDUNA angefangen, im New-Work- bzw. agilen Mindset zu denken?

In der über 100-jähirgen Firmengeschichte können das wahrscheinlich viele Generationen von sich behaupten, was im jeweiligen Kontext sicherlich auch richtig war. Aber bezogen auf die nähere Vergangenheit sind wir insbesondere seit 2018 innerhalb unseres Transformationsprogramms VISION2023 dabei, viele Dinge im Unternehmen konsequent neu zu denken und dabei einen Arbeitsmodus zu etablieren, der von agilen Werten geprägt wird. Und damit Agilität nachhaltig im Unternehmen gelebt wird, muss sie organisationsweit verankert werden.

Wie lässt sich New Work bzw. Agilität ganzheitlich im Unternehmen etablieren?

Das ist ein spannendes Thema, da wir natürlich niemandem ein agiles Mindset aufzwingen können und wollen. Es gibt diverse Faktoren, die fördern oder hemmen können, damit sich eine agile Grundhaltung etabliert. Wir müssen also darauf einwirken, möglichst viele Faktoren im Sinne unserer Unternehmenskultur positiv weiterzuentwickeln und dabei auch nicht vor komplexen Themen wie beispielsweise unseren organisationalen Strukturen und Abläufen Halt machen. Genau das macht unsere Transformation momentan sehr einzigartig in Deutschland.

Das heißt, wir denken nicht nur vereinzelt Führung, Rollen, Arbeitsweisen und Methoden in unserem Unternehmen neu. Wir konzentrieren uns zum Beispiel ebenfalls auf unsere Strukturen, Abläufe und Prozesse, die unseren Arbeitsalltag und damit unser Empfinden und unsere Einstellung maßgeblich prägen. Wir wollen damit Agilität in unserer Unternehmens-DNA etablieren, um das System, in dem wir arbeiten, maßgeblich weiterzuentwickeln. Hierbei ist das Commitment auf den verschiedensten Unternehmensebenen erfolgskritisch, diese Transformation gemeinsam voran zu treiben und neue Wege auszuprobieren.

Wir wollen damit Agilität in unserer Unternehmens-DNA etablieren, um das System, in dem wir arbeiten, maßgeblich weiterzuentwickeln.

- Sven Pacholke

Und wie lässt sich Agilität konkret in der Praxis umsetzen?

Das kommt ganz darauf an, da es hierfür sicherlich keine Blaupause gibt, die zu jedem Unternehmen passt. Bei SIGNAL IDUNA haben wir uns dazu entschieden, uns an einem Framework zu orientierten, welches dem Spotify-Modell sehr ähnlich ist. Natürlich übersetzt und adaptiert an unseren Unternehmenskontext.

Eine wesentliche Veränderung ist, dass wir uns nach Kundenanliegen aufstellen. Entlang der Kundenanliegen arbeiten zum Beispiel seit Januar 2021 unsere Delivery Units mit rund 1.000 Mitarbeitern organisiert in Tribes, Chaptern und interdisziplinären Squads. Führungsrollen wurden in diesem Kontext konsequent neu gedacht und die neu zusammengestellten Teams werden von Agile Coaches und Scrum Mastern unterstützt. Hinzu kommen neue Rituale, wie Reviews und Retrospektiven, die zusammen mit den bereits genannten Faktoren den Boden bereiten, um das Wachstum agiler Werte fördern zu können. Wir hören aber nicht bei den Delivery Units auf, sondern gucken konsequent weiter, welche Veränderungen sich in anderen Unternehmenseinheiten anbieten. Letztendlich wollen wir nach Möglichkeit die Zusammenarbeit innerhalb aller Unternehmenseinheiten verbessern – mit sicherlich ganz individuellen Ausprägungen – die agilen Werte verbinden im besten Fall alle Mitarbeiter. Dabei war es im letzten Jahr insbesondere eine Herausforderung, das Ganze pandemiebedingt virtuell durchzuführen, weil innerhalb der Teams hunderte von Mitarbeitern involviert waren, um die Delivery Units gemeinsam zu gründen.

Welche Rolle spielt Covid-19 für die Transformation zur neuen Arbeitswelt?

Wir haben natürlich keinen Vergleichswert, ich glaube aber, dass die Pandemie ein schnelleres Handeln notwendig gemacht hat. Es gab einen riesigen Schub in Richtung Digitalisierung, nicht nur technisch, sondern vor allem qua Haltung. Viele Mitarbeiter haben durch Corona das erste Mal erfahren, wie es ist, virtuell zusammenzuarbeiten, selbst innerhalb kreativer Workshop-Formate, etwas, das vor der Pandemie in der Ausprägung nicht denkbar gewesen wäre – neue Collaboration-Tools machen es möglich. Daraus entsteht so etwas wie „digitales Selbstbewusstsein“ – wir merken als Unternehmen, dass wir die neuen Möglichkeiten für uns sehr gut nutzen können.

Was sind die größten Herausforderungen innerhalb des Transformationsprozesses?

Ein Transformationsprozess ist für ein Unternehmen, egal welcher Größe, anstrengend. Vor allem, wenn es sich, wie bei uns, um eine sehr ganzheitliche Veränderung handelt. Daher sind das richtige Tempo und Maß der Veränderung wichtig. Ein Spagat ist dabei sicherlich immer die Wertschätzung für das Bestehende zu zeigen und gleichzeitig den Mehrwert und die Dringlichkeit der Transformation zu vermitteln.

Ein Zustand der deutlich macht, dass wir uns bezogen auf diverse Aspekte nicht nur mit den Besten innerhalb unserer Branche messen müssen, sondern in vielen Fällen mit branchenfremden Unternehmen, die bereits heute die Benchmarks setzen.

- Sven Pacholke

Es ist wichtig, nicht mit einer Gießkanne agile Arbeitsweisen, Rollen und Strukturen über alle Einheiten gleichermaßen auszuschütten. Die Veränderung muss vielmehr im jeweiligen Kontext betrachtet werden.

Agiles Arbeiten hat nicht die gleiche Ausprägung in allen Unternehmenseinheiten, was den Mitarbeitern vermittelt werden muss. Nur so können wir alle ko-kreativ in den Prozess einbinden. Wir müssen uns die Frage stellen: Wie kann der agile Ansatz in meinem Team und auch für mich persönlich aussehen? Die Betroffenheit der Mitarbeiter wird dabei herausgearbeitet und insbesondere, was die Transformation konkret für die einzelnen Mitarbeiter bedeutet.

Warum ist es für die Assekuranz so wichtig, umzudenken?

Ich glaube, die Organisationsumwelt hat sich noch nie so rasant und drastisch verändert wie aktuell. Damit geht natürlich auch ein sich rasant änderndes Kundenverhalten, neue Kundenerwartungen und -bedürfnisse einher. Wir müssen deshalb schauen, dass wir unsere Produkte und Services entlang der Kundenbedürfnisse entwickeln, da andere Unternehmen sonst die Lücke füllen werden. Das sieht man ja bereits ganz gut an verschiedenen FinTechs und InsurTechs, die teilweise wesentlich schneller darin sind, passgenaue Lösungen auf den Markt zu bringen. Die Mitbewerber kommen dabei längst nicht mehr ausschließlich aus der originären Finanz- und Versicherungsbranche. Ein Zustand der deutlich macht, dass wir uns bezogen auf diverse Aspekte nicht nur mit den Besten innerhalb unserer Branche messen müssen, sondern in vielen Fällen mit branchenfremden Unternehmen, die bereits heute die Benchmarks setzen.

Auch die Arbeitgeberattraktivität ist für uns als Unternehmen ein wichtiger Punkt. Auch hier stehen wir im Wettbewerb zu anderen, nicht nur aus unserer Branche. Attraktive New-Work-Konzepte und ein Umfeld, in dem die agilen Werte nicht nur auf Folien propagiert, sondern im Arbeitsalltag spürbar gelebt werden, können uns hier vielleicht einen Vorteil geben, an die richtigen Menschen für unsere Organisation zu kommen.

Warum müssen Kunden in neuen Arbeitswelten bedacht werden?

Weil die Kunden im Zentrum unseres Handelns liegen. Sie sind das sinnstiftende Moment, der New Work auch zugrunde liegt. Für uns ist es in der agilen Transformation zentral, dass wir uns nach Kundenanliegen aufstellen – sowohl organisatorisch und als auch letztendlich in unserer Haltung. Ziel unserer VISION2023 ist es, gemeinsam mehr Lebensqualität zu schaffen – durch die Fokussierung auf die Bedürfnisse unserer Kundschaft wird das sehr viel greifbarer. Und das ist schlussendlich ein absoluter Mehrwert für unsere Mitarbeiter, aber auch für unsere Kunden.

Sven Pacholke

Transformationseinheit – Change, Kommunikation & New Work bei der SIGNAL IDUNA

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